Bei Gretsch gibt es zwei Gitarrenserien, Electromatic und Professional. Erstere steht für Günstig und "Made in Korea", die zweite für Hochpreis und "Made in Japan" (nicht USA!). Schlauerweise stattet Gretsch die Gitarren unterschiedlich aus, bei Electromatics gibt es keine FilterTron Tonabnehmer und die Mechaniken sind auch nicht z.B. von Sperzel oder Grover. Eine Ausnahme unter den Elektro-Akustikgitarren bildet dieses Tim Armstrong Signature Modell, hier gibt es echte FilterTrons und Grover Mechaniken für einen moderaten Preis (sofern man 1000€ als moderat versteht).
Auf den ersten Blick unterscheidet sich die TA nur wenig von den teuren Schwestern, Boden, Zargen und Decken sind wie bei den meisten Professionals aus laminiertem Ahorn (nur einige Pros haben echte Fichtendenken), der Hals ist wie bei allen Modellen aus Ahorn. Das Griffbrett ist bei den Pros meist aus Ebenholz, bei der TA ist es "nur" aus Palisander, und Bigsby gibt’s auch keinen. Die Schaltung ist konventionell aufgebaut, d.h. analog Les Paul plus Mastervolume. Die teuren Professionals verzichten dagegen auf Klangregler und haben stattdessen einen dreistufigen Tonschalter. Da dürfte die konventionelle Schaltung der TA den meisten Gitarristen eher entgegenkommen, aber mehr zur Klangregelung später.
Als Vorlage für die TA diente wohl eine Country Club 7576 aus den 70ern. Damals gehörte Gretsch zu Baldwin, dieser Zeitraum (1967 – 1985) gilt unter Gretsch Fans als "dunkle Periode", vergleichbar Fender-CBS. Zum Glück hat Gretsch bei der TA nicht 1:1 kopiert, das schöne Mattschwarz gab es damals nicht, und der Hals war geschraubt, bei der TA ist er eingeklebt. Aber sonst ist die TA ziemlich nah an der Vorlage, so findet man z.B. die "BlackTop FilterTron" Tonabnehmer mit den extrabreiten Metallrahmen in dieser Ausführung bei keinem anderen Modell, und die Saitenhalterharfe wurde auch ziemlich gut nachgebaut. Meiner Meinung nach ist Gretsch hier ein sehr geschmackvolles Redesign gelungen, die Gitarre sieht fantastisch aus.
Nun zum Klang: Fast bestens, genau wie in den anderen Tests beschrieben (siehe Links zu den Testberichten auf dieser Produktseite). Nur mit der Klangregelung bin ich nicht zufrieden, die arbeitet bei meiner TA nur binär, also entweder brillant oder dumpf, dazwischen geht nichts. Aber egal, der „dumpfe“ Ton klingt jazzig, und aufgedreht gibt’s dann Kristallklang oder Rockbrett. Außerdem hat z.B. die Brian Setzer HotRod überhaupt keine Klangregler oder Ton-Schalter, sondern nur einen einsamen Volume-Regler. Akustisch gespielt ist die Gitarre ziemlich laut und klingt auch ganz gut, leider hört man dann die hohen Saiten an den klapprigen Saitenreitern der Brücke schnarren. Auch das kann man besser machen.
Die Gitarre liegt gut in der Hand, ist bauartbedingt nur leicht kopflastig. Vorsicht mit Wurstfingern, die Mensur ist etwas kurz geraten (61,8 cm). Dafür lassen sich auch dickere Saiten komfortabel spielen, der Klang dürfte dann noch fetter werden.
Alles in allem bietet die Tim Armstrong Signature „That Great Gretsch Sound“ fast im Sonderangebot. Mit vernünftiger Tonregelung und einer bessereren Brücke wäre die Gitarre ein 100%iger Volltreffer, für den Otto-Normal-Rocker reicht’s so allemal.