Bisher hatte ich zwei billige elektrische Celli der 300-400 Euro Klasse. Naja, die üblichen Erfahrungen waren auch meine, also teils sehr rustikale Verarbeitung, miese Billig-Saiten, klapperige Elektronik, sehr elektrischer Klang, und irgendwie fand ich nie eine bequeme Spielhaltung.
Das NS Design WAV 5 hingegen ist da schon eine andere Klasse, kostet dann aber auch das Dreifache. Das ist es aber auch wert.
Meine Eindrücke:
1. Besagte Verarbeitung ist untadelig. Gute handwerkliche Arbeit und schöne Lackierung. Keine Lacknasen o.ä. wie bei billigen Celli. Alles gut. Vielleicht sind die europäischen Modelle, also ab NXT, gegenüber diesem offenbar in Indien gefertigten WAV noch besser, langt aber auch so.
Die Mechaniken sind gut einstellbar und leichtgängig, fast feinstimmerhaft. Sehr angenehmes Stimmen, passt.
2. Saitenlage. Tiefer geht es wohl nicht ohne Scheppern. Sehr angenehm. Der verstellbare Steg ist da recht hilfreich.
3. Lagenpunkte. Ob das jetzt bei mir irgendein Fehler ist? Zumindest sind die auf dem Griffbrett aufgebrachten Punkte nicht als Griffhilfe nutzbar. In der ersten Lage ganz unten ja, aber ab dann liegen die Punkte um einige Millimeter neben dem korrekten Ton.
4. Elektronik. Spartanisch passiv. Volume, Höhen, Umschalter für Pizzicato/Bogen, fertig. Aber optimal für jemanden wie mich, der sowieso über einen voll individualisierbaren Verstärker spielt. Wofür aktive Elektronik im Instrument, wenn man sowieso externe Equalizer und Reverbgerät nutzt? Die gesparten 500 Euro Kaufpreis lassen sich besser in Verstärker und co investieren, außerdem ist das Cello ohne aktive Elektronik und ohne Akku deutlich weniger anfällig.
5. Sound. Ab Instrument weniger elektrisch als die Billig-Celli, trotzdem ist es kein akustisches Cello. Die gruseligen Draht-Sounds die man so in vielen Videos hat, kommen aber meiner Meinung nach daher, dass viele einfach nur mal zeigen wollen, wie sie ein E-Cello ausprobieren. Da wird das Cello dann an irgendeinen Gitarrenverstärker gehängt und munter losgesägt. Selbst und gerade ein sauteurer Akustikverstärker kann ziemlich übel klingen, wenn der Sound des WAV nicht durch besagtes Equalizing angepasst wird.
Die fünfte Saite, das Low F, ist wirklich abgrundtief für ein Cello und lässt mit ein bisschen Verstärkerleistung gestrichen, die Gläser im Regal klirren. Nix Mumpf oder Brabbeln, das tiefe F wird erstaunlich gut übertragen. Volle Empfehlung, auch wenn man sich etwas an die veränderte Bogenhaltung gewöhnen muss.
Auch das NS WAV braucht wegen seines Piezo-Tonabnehmers Halt einen hochohmigen Instrumenteneingang am Verstärker, 1 MOhm sollten es schon sein. Dazu etwas Hall und den Einsatz eines möglichst breitbandigen Equalizers, dann kommt da ein sehr angenehmer Sound raus, auch wenn das holzig-knarzige des Akustikcellos fehlt.
Empfehlung: Fender Rumble 40 Studio, siehe meinen Erfahrungsbericht zu diesem Verstärker mit dem NS WAV.
6. Spielhaltung. Das Cello auf dem Tripod ist meiner Meinung nach die beste Methodik. Ok, nicht klassisch. Wer sich jahrelang auf einem 4/4 Akustikcello eingespielt hat, wird hier mit dem kleinen Body des WAV auf dem Stativ irgendwo verloren vorkommen. Aber für Spaßspieler, auf der Bühne oder besonders für Spieler mit Schulterproblemen (!!), super.
Höhe, horizontale Neigung oder Neigung um die Längsachse - alles millimetergenau auf die individuellen Bedürfnisse einstellbar. Dass das Stativ besonders wackeln würde wie manche Bewertungen kritisieren, habe ich noch nicht festgestellt. Aber ich spiele auch ruhig ohne das Cello durchsägen zu wollen.
FAZIT:
Für die aktuell knapp 1.300 Euro bekommt man ein E-Cello mit guter Verarbeitung und angenehmen bzw. gut individualisierbaren Sound. Fünf Saiten zu dem Preis - top.