Sontronics ist eine Marke, die ich auf Grund ihres Logos, der britischen Herkunft und des sympathisch wirkenden Gründers schon länger gut finden möchte. Leider macht sie es mir nicht leicht. Vermutlich sollte ich dieses Vorhaben einfach mal aufgeben.
Das Sontronics Aria ist definitiv ein Mikrofon für Gesang. Meine Stimme (hoher Bariton) war damit, genau wie mit dem Lauten Atlantis, automatisch sehr definiert und weit vorne im Mix. Im Gegensatz zu Transistor-Kondensatormikrofonen in der etwa gleichen Klasse wie das Atlantis (und auch Gefell m930, diverse Neumann TLMs, usw.) bringt das Aria eine gewisse Wärme in die Vocals. Alleine deswegen würde ich es bei Gesang sofort allen eben genannten Mikrofonen vorziehen. Immer wenn ich die Aria-Aufnahmen im Auto, unterwegs oder auf anderen Anlagen gehört hatte dachte ich sofort : " das klingt ganz gut, lebendig, da ist 'drive' drin". Beim Atlantis, div. TLMs, m930 und co. lief mir oft n Schauer den Rücken runter (unvorteilhafter, unfreundliche, 'verkopfterer' Vocal-Sound ohne richtige Wärme trotz färbenden Great River oder UA610 Preamps). Leider hat das Aria klanglich auch einige Nachteile, die mich dann davon abhielten es als Hauptmikro für Gesang zu behalten. Das Aria klingt eher weich. Einerseits fehlt mir etwas mittige " Crispyness" a la u47fet (oder auch Lauten Atlantis oder Clarion), anderseits stört mich jedoch der Grundcharakter des Mikrofons:
Der Gesang klingt durch das Aria etwas "dumm". Ein bisschen so als habe sich ein Schrottplatzhändler, der nebenbei auch Musik macht, in seiner Garage ein Mikro zusammengeschustert, das seinen "Lebemann-Stil", auf "charmante" "Retro-Tube-Art" unterstreicht. So 'ne Art Provinz-Popstar-Mikrofon. Anders kann ich das nicht beschreiben. Die Höhen des Mikros, insbesondere die S-Laute, klingen ein bisschen "hydraulisch" (Zischen, Pumpen, auch irgendwie etwas "weiß " wie White Noise). Dazu klingt das Top-End irgendwie wie "abrupt abgebrochen ". Für mich fehlt da ganz oben was. Vlt daher diese "dumme" "Brett vorm Kopf"-Assoziation. Der Klang (die scharfen Konsonanten vor allem) ist zudem leicht "fiebrig-elektrisch" auf eine "nasse" Art. Die Mitten des Aria sind sehr dicht und voll. Vlt schon etwas zu "fleischig" und irgendwie "zweilagig" (wie ein Gyrosspieß, der aus einzelnen Fleischlappen zusammengelegt wurde). Das Low-End des Mikros ist gut und fällt nicht negativ auf. Insgesamt hat das Mikrofon klanglich ein bisschen was von einer Klarinette. Vlt. versteht das ja irgendwer.
Ich entschuldige diese seltsame Assoziationen, aber das hab ich nunmal so gehört.
Wie schon gesagt: Das Aria ist ein schwierigere Kandidat. Es klingt im Mix besser bzw. mehr nach produzierten Vocals als nahezu alle Transitormikrofone, die ich getestet hatte, aber trotzdem nicht so schön. Vermutlich liegt es an der Röhre und vermutlich gibt es da noch bessere Röhrenmikros.
Vlt. harmoniert das Aria mit anderen Stimmen "anders". Jedoch konnte ich die oben genannten Klangphänomene auch auf Audio Test Kitchen und im großen Sound & Recording Shootout (Soundcloud) feststellen. Wie schon gesagt: unterm Strich war es das beste Vocal-Mikro, dass ich bislang ausprobiert hatte. Die Vocals klingen damit definitiv wie eine "richtige" Aufnahme! Es fehlt nichts. Die Stimme läuft auch auf großen Anlagen angenehm im Song, auch im Hintergrund, durch. Man kann es gut hören, stellt nichts in Frage wenn man "einfach so" hört. Denkt sich nichts dabei. Da geht aber noch mehr - vor allem wenn man bereit ist über 1000 Euro auszugeben sollte es schon ein Mikrofon sein, das wirklich richtig gut "produziert " klingt, dazu noch einen eleganteren bzw. interessanteren Charakter hat und sozusagen immer bedenkenlos passt. Eventuell das Sontronics Mercury, was schon online definitiv etwas milder wirkt. Vermutlich aber auch das nicht. Sontronics adé. Wahrscheinlich sind Mikrofone wie ein Mojave MA 200 oder ein gebrauchtes, da sonst viel zu teueres, Neumann m147 (auf Gearspace verpönt, ich finde es bis jetzt aber sehr interessant) die bessere Wahl.
Das Aria hatte ich am Daking Mic Pre One getestet. Den hab ich mitlerweile durch einen Great River (zum vierten Mal zurückgeholt, da er irgendwie doch letztlich der "beste" Preamp ohne Kopfzerbrechen ist) ersetzt. Evt. wirkt das Aria am GR nochmal etwas anders (weniger "nass" zumindest). Das bleibt für mich aber nur eine Spekulationen.
Equipment sollte gut klingen. Es gibt so viel "halbgares" Werkzeug...auch über 1000 Euro. Echt nervig. Sind meine Erwartungen zu hoch? Ich wurde schonmal durch richtig gute Mikros produziert, von daher ist da vermutlich echt nochmal n Unterschied irgendwo. Ich weiß, dass es bessere Mikros gibt. Andererseits hab ich früher selbst teilweise auch ganz gute Ergebnisse mit einem NT1A hinbekommen.
Ich kann aus meiner jetzigen Erfahrung jedoch sagen, dass bis ca. 1500 Euro das Gefell m930 unterm Strich das solideste Ergebnis gebracht hat. Nicht herausragend, aber durchweg ok. Vermutlich ist da das u87 noch n "Ticken" besser, wobei auch das ja ein Allround-Werkzeug wäre. Ich bin eigentlich auf der Suche nach einem individuell geil, warm, interessant klingenden und gut zu mischenden Gesangsmikrofon mit Klasse. Wenn das alles nichts ist nehm ich dann einfach das u87 und akzeptiere es als Standard.