...dachte ich erst, als ich die Meldung des Erscheinens des EP-1320 vernahm. Zuerst hielt ich es für einen Augustscherz.
Dann verstand ich: Es ist wahr, TE erscheint in erster Linie als eine Designfirma, die innovative Musikinstrumente ohne den Anspruch technischer Vollständigkeit herstellt, was folgende Tatsachen -auch im Hinblick des Erstlings der Reihe, des EP-133- belegen dürften (gilt also für beide EPs): Noch immer kein Stereo-Resampling intern, limiterte FX-Kapazitäten und Speicher, reines Online-Tool für Dokumentationen und Sampleverwaltung) statt Downloadbares..., etc.
Positiv ausgedrückt: Teenage Engineering haben ihren Stil und lassen sich nicht reinreden, kritisch formuliert: Sie sperren sich stur gegen technologische Mindeststandards in dieser Produktkategorie der portablen Sampler-Grooveboxen und leisten sich konsequent diverse konzeptionelle Eigenheiten sowie eine zwar sehr stylische, aber
unpraktische Verpackung, die den Fader beharrlich nicht hinreichend gegen Druck auf die Packung schützt, wenn sie flach liegt, da ist immer noch nur die dünne Pappe des Schubers, die als Widerstand zwischen dem armen Faderlein und der groben Hand des Logistikmitarbeiters fungiert.., gut, dass wenigstens Thomann gut verpackt.
Soweit so gut, oder eben nicht, mutig ist die Entscheidung TE's für den EP-1320 allemal, da die Sounds nicht austauschbar sind und man somit genremäßig zum Großteil der Speicherkapazität nun auf das sicher nicht global akzeptierte musikalische Stilmittel der mittelalterlichen Instrumentarien festgelegt ist - kein Mainstrem, eher sehr nischig, vielleicht eines Tages stilbildend..., (toll-)kühn allemal.
Hingegen die Audioqualität der Samples scheint mir leicht gesteigert gegenüber dem EP-133 zu sein, und die Auswahl ist plausibel. Nun gibt es Phrasen und saubere Loops - sehr schön und geschmackvoll selektiert, aber wo Effekte mitgesampelt wurden, hört man leichte Artefakte. Samples loopen kann man leider nicht, nur One-Shots sind möglich, aber der Work-Around ist, dass man ein Sample wie eine Sequenz behandelt, welche dann loopbar ist - no frills allerdings, also nix mit cross-fade bzw. typischen Funktionen bei der Loop-Erstellung auf der Editier-Ebene der Sounds, das muss man beim Sampling vorher bedenken, ist aber verschmerzbar, da wohl Teil des Konzeptes.
Der Arpeggiator als Zugabe darf auch erwähnt werden als Positivum, ebenso das gute interne Mikrophon.
Die alternativen Algorithmen bei Hall, Echo etc. passen übrigens sehr gut zu mittelalterlicher Mucke, da wäre z.B. ein Stereo - Delay wie beim Erstling eher deplatziert, wer's braucht, sampelt stereo mit FX. Es wäre jedoch schön, wenn die guten Algorithmen des EP-133 zusätzlich vorhanden wären zur Auswahl.
Die Genrefestlegung bzw. stilistische Eingrenzung übrigens mag bei den kleinen Pocket Operators gut funktionieren, auch kommerziell, bei einer Preislage um die 100 Euro, jedoch bei 349€ retail überlegt man sicher zwei- bis zwanzigmal (wenn einem das schlüssige Design gefällt), ob man derart viel in das Mittelalterliche investieren mag und dabei die konsequente Umsetzung des Produktmarketings bis hin zu quasi-lateinischen Aufdrucken und einer recht kryptisch wirkenden Anleitung dankbar mit annimmt, zumal die internen Sounds fest im ROM sind.
Den Plastikschoko-Geruch der Tastatur hätte es jedoch nicht gebraucht, witzig, aber entbehrlich, zumal Schokolade kein Spezifikum des Mittelalters darstellt; hier ließ jemand seinem Ideenreichtum offenbar ungezügeltesten freien Lauf :-).
Nun der Versuch einer abschließenden Beurteilung:
Sehr intuitiver Workflow der kurzen Wege, Mikro, originelles Konzept, erlesene Samples, Time-Stretching (wenn auch nicht explizit so genannt), mit dem Charme, tempodefinierte Loopsamples über einen ordentlichen Bereich artefaktarm an das Songtempo anpassen zu können, manuell und im Sequenzer, dann noch qualitativ ordentliche FX inkl. Punch-Ins, angenehme Haptik analog des EP-133, schöne Demosongs, Sammler-Appeal, und die systemischen Limitierungen der EP-Plattform erscheinen bei diesem Gerät viel verzeihbarer, wegen des stimmigen Gesamtwerks. Jedoch schmerzt die feste Selektion der Samples; man braucht nicht immer alle davon, welche den Speicher dann unnötig blockieren (z.B. das Gegröle von Leuten, "Hexen"-Gestammel, Zugbrückenketten.
Klar kann man das alles verwursten bis zur Unkenntlichkeit und neuer Verwendung zuführen.
Konzeptionell kaum Weiterentwicklung der Plattform, nur 32MB frei mit eigenen Samples zu belegen. 128 MB insfgesamt, bei gleicher Anzahl von Speicherplätzen, sollten wohl keine Raketenphysik sein und auch preislich auf dem Boden der Tatsachen bleiben, somit recht problematischer Preis für die stilistische Festlegung und das darauf abgestimmte Konzept insgesamt. 199-249€ wären hier sicher noch vertretbar(er). Von der Gesamtverarbeitung und der haptischen Qualität her, gibt es nix zu meckern, nur hätte das Display gut mehr Licht von innen durchlassen dürfen -wie beim EP-133-, und dass man keinen Stellstatus der Encoder mehr auf dem Display sieht, nun aber eine mittelalterliche Figur, ist sinnfrei.
Ich jedenfalls habe das Teil dennoch spontan bestellt und finde es spannend, und wenn mir die restlichen 32MB genügen, hat er gute Chancen zu bleiben, der musikalische Barde deutlich früherer Zeiten.