Hallo zusammen,
wenn man eine Explorer mit Floyd Rose für seine Bluegrass-Karriere kauft, darf man hinterher nicht der Gitarre vorwerfen, dass sie totaler Mist ist. Eine APX ist und bleibt eine APX. Das ist eine elektroakustische Gitarre für den verstärkten Betrieb zwischen dem Schlagzeuger und dem E-Bassisten. Eine APX mit einer vollmassiven Gitarre in Normalgröße zu vergleichen, geht an der Sache vorbei. Das mal vorneweg.
Die Produktfotos von Thomann und Yamaha werden der Gitarre nicht gerecht. In natura ist die Gitarre weitaus hübscher.
Das ist nicht meine erste APX, ich war aber trotzdem überrascht, wie klein diese Gitarre ist. Fühlt sich an wie eine adipöse Les Paul, was bei einer akustischen Gitarre komisch ist. Ist aber enorm handlich, eine Akustikgitarre ist ja sonst immer so ein "Möbel".
Das sunburst wird vermutlich per Hand lackiert, so ganz entspricht jedenfalls bei meiner Gitarre der Verlauf des dunkleren Teils nicht der Korpusform. Das hat durchaus Charme. Der Hals ist in matt lackiert, gefällt mir sehr gut.
Handlicher Korpus, kurze Mensur, das fühlt sich sehr gut an. Die Halsform ist toll. Man sieht es sogar ein wenig auf den Fotos - auf Höhe des ersten, zweiten Bundes ist die Rückseite noch ein sanftes V, total angenehm für die üblichen offenen Akkorde. DIe Halsrückseite wird wird immer runder und dicker bis zum vierten, fünften Bund und ist ab da ein angenehmes D - unauffällig für Barreeakkorde und sehr komfortabel für Soli. Das ist richtig klasse!
Die Mechaniken sind brauchbar, qualitativ aber eher im niedrigeren Segment angesiedelt. Das Griffbrett ist natürlich staubtrocken, die Bündstäbchen sind nicht hundertprozentig auf Hochglanz poliert und man kann Bundenden auch noch mehr abrunden. Das Setup aus dem Karton ruft nach einem Besuch beim Gitarrenbauer. Es ist alles vorhanden, um aus der Gitarre ein richtiges Rennpferd zu machen aber es ist noch keins.
Ganz ehrlich, für bessere Mechaniken und ein ordentliches Setup muss man vermutlich 150 Euro auf den Preis draufrechnen. Mir würde es besser gefallen, die 150 Euro direkt mehr zu bezahlen und aus dem Karton ein fertiges Instrument zu bekommen aber das ist wohl heutzutage so. Dafür ziehe ich mal einen Punkt bei der Verabeitung ab.
Der obere Gurtpin ist an der Stelle, an der er bei einer ES oder einer SG auch wäre - also am Halsfuß Richtung Bauch des Gitarristen. Ich habe mich ja gefreut, dass die Gitarre gleich mit zwei Gurtpins geliefert wird, diese Position finde ich aber generell völlig untauglich.
Dass es sich hier um eine Gitarre handelt, die hauptsächlich verstärkt gespielt werden soll, bedeutet aber nicht, dass ich an dieser Gitarre nicht akustisch Spaß hätte. Ja, das ist schlank im Bass, ja, das klingt eher billig. An dieser Stelle rege ich an, mal wirklich auf Akustikgitarren bei Aufnahmen zu hören. Das ist beileibe nicht immer der vollfette Hifi-Sound einer toll gebauten vollmassiven Gitarre sondern häufiger auch mal dünn, blechig, mittig etc. Kommen wir aber mal endlich zur Sache und stöpseln das Kabel in die Buchse...
...und dann ist diese APX 600 echt eine Messlatte. Verstärkt in einen neutralen Monitor mit neutral eingestelltem Preamp ist das auf Anhieb schon wirklich gut. Die Regler am Preamp sind jetzt dafür frei, den Sound nach Wunsch und Einsatzgebiet zu gestalten. Zusammen mit einem Keyboard und/oder einem Bass regele ich gerne ein bißchen Fett aus dem Sound raus. Der Bassregler im Preamp ist dafür von der Frequenz her perfekt ausgerichtet. Der Trebleregler beeinflusst auch exakt den Höhenbereich, den ich damit gerne bearbeite. Damit habe ich den semiparametrischen Mittenregler frei um beispielsweise den Leadvocals oder der Snare aus dem Weg zu gehen. Ich kann eine Akustikgitarre über den gesamten Frequenzbereich darstellen, die klassische Strumming-Westerngitarre ohne viel Mitten oder umgedreht einen singenden mittigen Slidesound unterstützen und wenn es sein muss, sogar eine mittige Jazzgitarre imitieren. Und das alles geht ohne externe Equalizer. Das ist insgesamt absolut praxisgerecht und macht auch noch richtig Spaß.
Yamaha hat entschieden, einen Tuner in den Preamp einzubauen. Wenn man den einschaltet, wird das Signal nicht gemutet. Mir fällt beim besten Willen kein Grund dafür ein, das so zu tun. Für mich ist der Tuner damit sinnlos. Macht aber nichts, ohne ein Tunerpedal mit Mute-Funktion gehe ich ohnehin nicht ernsthaft auf eine Bühne.
Ich mag diese Gitarre völllig unabhängig vom Preis. Tolles Instrument und mir soll erstmal jemand eine Gitarre zeigen, die in diesem Einsatzgebiet besser ist.
P.S. Falls jemand noch eine APX 500 kennt - die APX 600 ist in jeder Hinsicht erheblich besser (Verarbeitung, Bespielbarkeit nach Setup, akustischer und verstärkter Sound).