Zum Hintergrund: Wir sind ein Wiedereinsteiger mit langjähriger Erfahrung und eine fortgeschrittene Anfängerin, die zusammen mehrmals pro Woche mehrere Stunden üben. Neben unserem alten Yamaha YTS-62 spielen wir derzeit zwei sehr günstige Instrumente von Thomanns Hausmarke Startone und wollten uns nun nach einem Jahr intensivem Üben ein Upgrade gönnen.
Vom Yanagisawa A-WO10 hatten wir viel Gutes gelesen. Vor allem interessierten uns die Besonderheiten, die es von den meisten Konkurrenten und insbesondere auch vom günstigeren Modell A-WO1 abheben, wie die Verbindung zwischen Cis und B, die doppelten Ärmchen an der C und B-Klappe sowie der Hals mit Underslung Octave Key Mechanism.
Das Positive vorweg: Das Instrument scheint wirklich tadellos verarbeitet, geschweisst und lackiert zu sein, sicher sauberer als unsere Startone-Hörner und vergleichbar mit dem YTS-62. Die Mechanik ist sehr leichtgängig, die Tasten liegen etwas näher zusammen als bei anderen Instrumenten und passen damit sehr gut in unsere eher kleinen Hände, insbesondere die Pinky Keys liegen perfekt unter den Fingern und sind leicht zu drücken. Ergonomisch ist das Saxophon für uns sehr angenehm zu spielen.
Nicht zufrieden sind wir indessen mit den Klangeigenschaften. Dies beginnt bei einem deutlich höheren Blaswiderstand, als wir es von unseren Startone-Instrumenten gewöhnt sind. Damit hängt vermutlich zusammen, das der Sound sehr neutral, zentriert und trocken rüberkommt, also wenig Spielraum für Modulation lässt. Für Klassik mag dies vielleicht erwünscht sein, für Jazz, Rock, Pop oder Funk scheint es uns hingegen eher hinderlich. Jedes Mal, wenn ich vom Yani zurück auf das Startone wechsle, fühle ich mich musikalisch richtig befreit, das Instrument lädt zum Schreien und Flüstern ein und weckt in mir die Spielfreude, wohingegen sich das Spielen auf dem Yanagisawa fast nach einer Pflichtübung anfühlt.
Die Intonation ist zwar beim oft problematischen mittleren Cis etwas besser als bei unserem Startone, dafür ist auf dem Yanigasawa der Übergang über die Oktavklappe zum mittleren D zu hoch und das mittlere A klingt "tot", also matter und dumpfer bzw. gequälter als die umliegenden Töne.
Wir haben verschiedene Mundstücke ausprobiert, die uns bei unserem Startone alle gut gefallen, beim Yanagisawa hingegen seltsam leblos klingen und teilweise schwer anzuhören sind. Nicht zuletzt kommt uns das mitgelieferte Yanagisawa-Mundstück klanglich abgestumpft vor. Mit unserem USA Meyer 7J Jazz Metal - sonst unser Lieblingsmundstück - geht die Intonation in alle Richtungen. Das beste Resultat für unseren Geschmack erzielt demgegenüber ein USA Meyer New York Alto Sax 6M, das dem Yani etwas Leben einhaucht.
Abschliessend sei erwähnt, dass uns auch der mitgelieferte Koffer nicht zusagt. Ausreichend geschützt würde das Instrument doch auch durch ein leichteres und handlicheres Case. Ebenfalls unbefriedigend empfinden wir die spärlichen Accessoires; in diesem Preissegment könnte man vielleicht schon Durchziehwischer und einen anständigen Gurt mit Polster und Distanzhalter beilegen (bei unserem war das aufgeleimte Yanagisawa-Signet bei der Ankunft abgefallen).
Diese Schilderungen beruhen natürlich auf unseren subjektiven Eindrücken und limitierten Vergleichsmöglichkeiten. Uns ist bewusst, dass das Yanagisawa A-WO10 für viele Saxophonistinnen und Saxophonisten ein Traum darstellt. Für uns passt es hingegen - abgesehen von der Ergonomie - nicht so richtig; leider will keine richtige Spielfreude aufkommen. Zumindest in unserem Fall erwies sich teurer also nicht unbedingt als "besser".