Ich bin professioneller Bassklarinettist und Bassetthornist im Bereich Jazz und neoklassizistische Musik und freue mich immer wenn ich ein neues vielversprechendes Mundstück finde und in die Finger bekomme. Es gibt tatsächlich nicht viele und die meisten meiner Mundstücke sind Maßanfertigungen.
Gleich vorweg: das Chedeville ist wirklich ein ausgezeichnetes Mundstück aber gehen wir etwas ins Detail.
Lieferumfang und Verarbeitung:
Das Mundstück kommt in einer ansprechenden blauen Schachtel und ist in einen, meiner Meinung nach zu grossen, Samtbeutel verpackt.
Die Verarbeitung ist vorbildlich. Alles schön symmetrisch. Das Mundstück macht einen sehr hochwertigen Eindruck. Die Spitze und die Seitenwände haben eine ausgewogene Dicke. Sehr schön sind die goldenen Verzierungen. Der eigene Chedeville Stangenkautsckuk hat einen ganz leichten Eigengeruch, der aber nicht wirklich störend ist. Die Oberfläche ist etwas rauer, wie das bei solchen Materialien immer der Fall ist.
Ansprache:
Ich bevorzuge in der Regel mittelgrosse Öffnung (+/- 2.00mm) mit entweder mittellangen oder langen Bahnen. Bei den grösseren Öffnungen entsteht immer das Problem, dass man zwar einen sehr voluminösen aber gleichzeitig auch sehr konturlosen Klang hat was solange gut funktioniert, solange man alleine spielt. In lauten musikalischen Kontexten "sauft" die Basssklarinette dann oft ab (außer man benutzt extrem schwere Blätter).
Das Elite F4 hat Beides, eine mittlere Öffnung (einen Hauch mehr vielleicht) und eine mittellange Bahn.
Erstes Spielgefühl. Es verfügt über einen gesunden Widerstand beim Spielen, was ich als sehr angenehm empfinde. Alle Register sprechen sehr ausbalanciert, gleichmässig und äussert flüssig an. Ich konnte ohne grosse Probleme bis zum notierten c''''' hochspielen, was mich gleich mal sehr positiv überrascht hat. Auch ist das Mundstück tendenziell wenig anf#llig für Quietsche (wobei ich da mit 40 Jahren Bassklarinettenerfahrung wohl kein Massstab bin).
Klang:
Spannend. Klanglich würde ich es eher zu den "kompakter" klingen Mundstücken einordnen. D.h. der Klang ist sehr fokussiert und trennscharf (wichtig im tiefen und Clarion Register). Der Klangcharakter ist angenehm dunkel (nicht zu sehr), ich würde ihn als "erhaben" beschreiben. Parallel dazu schwingen einige höhere Frequenzen mit, die mich zuerst etwas irritiert haben weil mir irgendwo die Mitten etwas gefehlt haben. Nach ein paar Minuten hatte ich das aber gut im Griff und da kommt genau der Zauber dieses Mundstücks zum Vorschein. Es klingt dunkel und hat gleichzeitig etwas leicht Singendes und Schwebendes. Sehr sehr schön.
Ein wichtiges klangliches Merkmal ist für mich immer, wie das tiefe C auf meinen Selmer Privilege Bassklarinetten klingt (nach wie vor einer der Schwachpunkte der Selmer Klarinetten). Bei mitteloffenen Mundstücken klingt er oft schon schwammig und konturlos. Das Chedeville liefert da wirklich eine gute Note ab. Was es nicht hat ist ein von vornherein definierter klanglicher Charakter den gute und hochpreisige Mundstücke manchmal haben (nicht jedes Mundstück ist klanglich für jede Art geeignet). Das hier ist ein sehr ausgewogenes, sehr vielseitig einsetzbares Mundstück, das relativ neutral klingt und viel Spielraum für die Entwicklung eines eigenen Sounds bietet.
Ich habe es mit einigen anderen Mundstücken (Behn, Backun, Fobes, Licostini) verglichen, die teilweise noch deutlich teurer sind. Das Chedeville muss sich absolut nicht verstecken.
Weiters habe ich etwas mit unterschiedlichen Hälsen (Vollsilber, Bronze, Kupfer, Messing) und Blättern (Vandoren, Marca, Rigotti, Gonzalez) experimentiert. Seine volle Strahlkraft entwickelt es im Kontext mit eher heller klingenden Materialien (Vollsilber, Kupfer) und "mittel-brillanten" Blättern (z.B. Gonzalez).
Zusammengefasst. Ein tolles Mundstück, das über keine nennenswerten Schwächen verfügt, den klanglichen Charakter der Bassklarinette wundervoll unterstützt und vielseitig einsetzbar ist. Ich überlege mir auch noch die engere F3 Variante zuzulegen, die u.U. für Kammermusik ein heisser Kandidat sein könnte.
Absolute Kaufempfehlung für diejenigen, die es ernst mit der Bassklarinette meinen.
