Auch wenn ich mich damit jetzt etwas oute, ich habe mir die Ohrhörer einfach nur zum Musikhören gekauft. Deshalb kam ich auch über andere Wege zu den Fischer als andere hier, nämlich über den Fidue A83. Der hat auch ein Drei-Wege-System, allerdings mit einem dynamischen Bass, wovon ich ein großer Fan bin. Ich mag tiefe, kräftige und druckvolle Bässe, die aber kontrolliert sein müssen. Eine Abstimmung, die die Mitten ausspart, dafür die Höhen und Bässe überbetont, finde ich schrecklich.
Ich fahre viel mit Bus und Bahn und mag dabei gerne Musik hören und den Außenlärm etwas dämpfen. Als ich die Ohrhörer 2016 gekauft habe, bin ich mit einem LG V20 rumgelaufen, das einen ziemlich guten vierfach-DAC von B&O hat - vielleicht nicht so gut wie ein getrennter Verstärker aber ich wollte nicht noch mehr mit mir rumschleppen.
Diese Ohrhörer machen fast alles richtig: Der Bass ist kräftig und vor allem kontrolliert. Zu keinem Zeitpunkt lässt er die Mitten absaufen. Stimmen sind immer gut zu hören und klingen klar. Streicher und Gitarren klingen warm und weitgehend natürlich. Für mich ist etwas seltsam, dass ein Saxophon mitunter etwas zu blechern klingt, dafür eine E-Gitarre etwas zu sauber. Das ist aber sicher auch eine Frage des Geschmacks. Die Höhen sind brilliant, für meinen Geschmeckt teilweise etwas zu aufdringlich, aber durchaus noch im Rahmen.
Die Auflösung von Nuancen gelingt bei den Höhen gut, bei den Mitten sehr gut. Nichts säuft ab oder wird von anderen Geräuschen oder Instrumenten verdrängt, auch bei sehr komplexen Stücken. Die schon erwähnten gut kontrollierten Bässe (die trotzdem gut knallen) helfen hier natürlich.
Im Vergleich mit dem Fidue fällt der Fischer nur in ganz wenigen Bereichen zurück. Der Fidue konnte das Cello in "Danté's Prayer" von Loreena McKennit (Nights from the Alhambra) mit einer fast unbeschreiblichen Leichtigkeit wiedergeben. Ich hatte den Eindruck neben oder gar "in" dem Cello zu sein. Das Cello klingt auch mit dem Fischer alles andere als schlecht, aber es ist halt ein "nur dabei" statt "mitten drin" Gefühl. Das merkt man aber wahrscheinlich nur mit etwas geübten Ohren oder im direkten Vergleich. Diese luftige Leichtigkeit wurde vom Fidue allerdings durch übertriebene Höhen erkauft, die je nach Stück von aufdringlich über nervig bis hin zu kreischend und schmerzhaft sein konnten. "20.000 Meilen unterm Meer" von Subway to Sally war für mich mit dem Fidue nur in sehr gedämpfter Lautstärke zu ertragen. Die übertriebenen Höhen störten mich nicht nur bei den Becken, sondern auch bei Gesang und sogar den E-Gitarren. Das macht der Fischer deutlich besser. Mit dem Fischer kann ich jedes Lied bei vernünftiger Lautstärke genießen - und ich gehöre nicht zu den Leuten, die alles bei voller Lautstärke hören.
Sehr gut gefallen hat mir auch "Telegraph Road" von den Dire Straits. Es macht einfach Spaß, der Stimme von Mark Knopfler zu lauschen, eben weil die Mitten von dem Fischer so klar und präsent sind. Oftmals wirkt der Gesang in diesem Stück etwas in den Hintergrund gedrängt (allgemein gesprochen). Nicht so mit dem Fischer. Aber erst die E-Gitarre!!! Hier glänzt der Fischer richtig mit einer angenehmen Wärme und tollen Detailwiedergabe aber auch mit einem leichten Biss, der dem Gitarrenspiel richtig Leben einhaucht. Meine "Love over Gold" CD ist übrigens die Originalausgabe (AAD). Ich habe keine "remastered" Version. Leider gibt der Fischer das Hintergrundrauschen der älteren Aufnahme auch sehr gut wieder...
Man kann den Fischer für jede Form von Musik nutzen, von Abba, über Slade, John Denver, Country, Klassik, bis hin zu rockigen und härteren Richtungen. Es ist nicht möglich, Ohrhörer perfekt für jede Art von Musik abzustimmen. Das Kreischen im "I'm so sick" von Flyleaf hat mich richtig erschrocken (im positiven Sinne) und der Pig Squeal z.B. in "Knives and Pens" von den Black Veil Brides kommt richtig gut an. Gleichzeitig könnten die Gitarren von Disturbed und besonders Subway to Sally für mich gerne noch etwas "dreckiger" klingen. Das ist aber ein üblicher Kompromiss in meinen Augen - und sicherlich auch etwas, was andere Hörer anders bewerten werden.
Die "Sound Stage" ist eher typisch für IEMs, etwas auf der besseren Seite, hat für meine Begriffe aber keinen Angeberwert. Die Musik ist zwar nicht "im Schädel", aber es wird auch keine große Bühne vor einem aufgebaut.
Ein Hinweis noch zum Klang:
Dieser hat deutlich abgebaut, als ich die Ohrhörer mal an eher durchschnittliches Smartphone oder gar einen Computerausgang angeschlossen habe. Ohne guten Verstärker bekommt man auch hier keinen guten Klang.
Die (geräuschliche) Abschottung von der Außenwelt ist gut - nicht atemberaubend, aber vollkommen ausreichend. Wenn man Musik hört, bekommt man den Motor vom Bus oder Gespräche von anderen Fahrgästen nicht mit. Ein Hörbuch kann man sich problemlos auch in nicht ruhiger Umgebung antun, man hört aber trotzdem noch die Umgebung. Da diese gedämpft und auch eher dumpf ist, stört sie aber kaum.
Bei mir halten die Fischer ziemlich gut in den Ohren. Das ist ungewöhnlich, weil ich ziemlich weichen Knorpel an und in den Ohren habe. Ich konnte sie problemlos auch über drei Stunden tragen. Für mich gibt sich im Comfort kein großer Unterschied, ob ich die Aufsätz aus Silikon oder Schaum wähle, allerdings halten die Comply Foam Aufsätze etwas besser, schotten besser ab und der Klang ist etwas voller. Leider sind letztere zwischenezeitlich unverschämt teuer geworden. Man sollte auf jeden Fall beide Aufsätze ausprobieren! Kleine Empfehlung noch: Wenn man neue Aufsätze kauft, sollte man gleich zwei Packungen kaufen mit unterschiedlichen Farben (z.B. blau und rot). Die Markierung für links und rechts ist eher subtil gehalten womit die Seiten nicht unbedingt leicht zu unterscheiden sind. Das ist zumindest mein Eindruck, wenn man noch nicht ganz wach in der Morgendämmerung die Dinger einsetzen will. Mit einem roten Aufsatz für rechts und einem blauen für links, kann man die IEMs etwas pimpen.
Die Verarbeitung für Ohrstöpsel in dieser Preisklasse ist leider eher "naja". Meine machen zwar nicht den Eindruck, als wollten sie kaputt gehen und klingen auch noch gut. Der Wechsel der Aufsätze ist problemlos machbar und ich hatte dabei auch nie Angst etwas kaputt zu machen (der Fidue ist mir dabei durchgebrochen, weshalb ich ihn auch zurückgeschickt habe). Doch für rund 400€ bekommt man ein vergleichsweise schmuckloses Stück Plastik für jedes Ohr. Der FA-Aufdruck hat bei mir schon nach einem Jahr erste Ermüdungserscheidungen gezeigt. An der Funktion ändert das nichts, ist aber eher etwas, was man in der Preisklasse unter 100€ erwarten würde. Etwas unglücklich finde ich auch die vergleichsweise tiefe und schmale Öffnung der IEMs. Ich habe sehr trockene Ohren, weshalb ich bislang keine Problem hatte, aber Menschen, die mehr Ohrenschmalz produzieren, werden sicherlich Spaß beim Reinigen haben.
Das Kabel ist auch nicht der Brüller - gerade für den Preis. Bei mir hat es bislang weitgehend gehalten (die Versteifungen an den Ohren haben sich verselbständigt). Die Haltbarkeit ist nicht das Problem, aber es Verheddert sich gerne und sieht auch fast aus wie Klingeldraht.
Komplett daneben finde ich das mitgelieferte Etui: Es ist tatsächlich zu klein. Ich habe keine Möglichkeit gefunden, die IEMs darin zu verstauen, ohne sie einzuquetschen. Der Comply Foam ist also schon im Etui plattgedrückt, was der Haltbarkeit eher nicht so zuträglich ist. Das Kabel wird in dem Etui auch immer gebogen und springt einem beim Öffnen fast entgegen. Knoten sind oft die Folge. Nach zwei Tagen habe ich das Etui durch ein anderes ersetzt, damit die IEMs sicher im Rucksack verstaut sind. Sie komplett ohne Hülle zu verstauen, traue ich mich nicht. Da hätte ich zu große Sorgen, das Kabel könnte brechen. Zu einem Wollknäuel wird es ohnehin.
Fazit:
Die IEMs überzeugen klanglich auf ganzer Linie, sind aber weder ein Schmuckstück noch haben sie ein besonderes Kabel. Wer sich daran nicht stört, bekommt toll klingende und bequeme Ohrstöpsel. Für eine neue Iteration würde ich mir neben einem besseren Kabel vielleicht auch eine Version mit dynamischem Bass wünschen.