Hatte mir diese wunderschöne Bariton-Guitarlele eigentlich als Reisegitarre gekauft (ich spiele ausschließlich Konzertgitarre). Dafür kann ich sie allerdings nur sehr eingeschränkt verwenden. Das Schmuckstück ist mit meiner durchschnittlich großen Männerhand nur in den unteren Bünden kompatibel, und dort aufgrund des geringeren Saitenabstandes auch nur bedingt. Mensur und Sattelbreite entspricht etwa einer 1/4-Gitarre, der Korpus ist von noch kleinerer Dimension. Die Zarge ist ziemlich breit (unten 95mm), daher bei der Wahl des Gitarrenständers aufpassen! Die Länge des ersten Bundes entspricht jene des 5. Bundes einer 4/4- Gitarre mit einer 650mm Mensur, nur sind eben die Saiten näher beisammen.
Der Rand zwischen Zarge und Decke ist stumpf geschliffen, aber doch noch ziemlich kantig, weshalb ich, wenn ich mit unbekleidetem Zupf-Arm spiele, mit dem Unterarm in den abgeschnittenen Oberteil eines Wollsockens schlüpfe. Das mache ich aber auch beim Spiel mit meinen übrigen Gitarren so, außer bei der Hanika.
Der angenehm volle Klang beginnt mit einer interessanten „hellen“ Komponente beim Anschlag, die mich an eine Vihuela erinnert, er klingt mit erstaunlich langem Sustain aus. Ein Renaissance-Stück für Vihuela von Luys de Narváez spiele ich in Ermangelung einer solchen nur mit dieser kleinen Gitarre, denn mit einer „normalen“ plus Kapodaster klingen die Töne zu weich.
Die originale Bespannung (in A) war ausnehmend interessant (grrr). In den ersten beiden Wochen sind viermal Saiten gerissen, und das nicht einmal beim Spiel. Der Thomann-Berater hat mir (mit Vorbehalt) mehrere Saitensätze empfohlen. Die erste habe ich abgewandelt umgesetzt und hält nun schon ein halbes Jahr bei gutem Klang: La Bella Strings für 3/4 Gitarre (Nylon Kinder Set 57 -34, Art.Nr. 153529). Die verwende ich nicht in der A-, sondern in G-Stimmung, was klanglich deutlich besser ist und auch die Saiten nicht überspannt (den Eindruck hatte ich bei A). Der Nachteil: man muss sie beim Bespannen wirklich gut vordehnen, sonst sind sie fast zu kurz (es geht sich aber aus). Durch das Vordehnen halten sie auch schon in den ersten Tagen nach der Bespannung die Stimmung ganz gut. Die beiden weiteren Empfehlungen habe ich noch nicht ausprobiert (Aquila Guitarlele in A-Tuning und eine in High E Tuning) – normale Guitarlelen habe ja eine noch geringere Mensur und ich frage mich, ob die Sätze auch für die Bariton-Guitarlele passen.
Die kleine Gitarre wurde im Standard-Bag geliefert, der in allen Richtungen knalleng angelegen hat. Bin schon gespannt, ob ich sie ohne Schuhlöffel wieder dort hinein zu quetschen vermag.
Fazit: Klingt wunderschön, ist dekorativ und gut verarbeitet, Bespannung problematisch (Problem aber lösbar), für Erwachsene zu besonderen Zwecken, keine Reisegitarre für den üblichen Tonumfang. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie für jüngere Gitarrenspieler:innen gut geeignet sein könnte.