Weil es mir widerstrebte, meine gute Geige zum nächtlichen Üben immer wieder mit einem schweren Dämpfer zu bestücken, legte ich mir voriges Jahr eine preiswerte elektrische Violine zu.
Dort lag ein Bogen aus Carbon bei, der sich trotz eifrigem Kolophonieren noch etwas "neu" anfühlte, und so tauschte ich ihn zunächst gegen einen hölzernen Bogen aus meinem anderen Etui aus.
Beim weihnachtlichen Musizieren auf meiner guten Geige merkte ich seinerzeit dann, dass ich zufällig gerade den Carbonbogen benutzt hatte, mit dem sich mühelos ein satter, voller Klang ergab.
Und später fiel mir auf, dass sich dagegen der hölzerne Bogen immer ungewohnter anfühlt, je länger er bei der E-Violine aufbewahrt wurde.
Eine einfache Erklärung dafür ist die wohl, dass die Elastizität von Haaren von der Luftfeuchte abhängt. Früher gab es sogar Luftfeuchtemessgeräte mit einem Haar als Sensorelement, das, vorgespannt und spiralig aufgewickelt, einen kleinen Zeiger bewegte.
Es wundert also nicht, dass sich der Carbonbogen in dem Koffer der guten Geige "erholt" hat, weil er sich an den Feuchtegehalt ihres Holzes akklimatisierte. Akustische Geigen haben ja im Innern reichlich unlackierte Oberflächen. Aber in dem Koffer der E-Violine, voller Kunststoff und Metall, wird wohl der beste Bogen wetterfühlig wie ein Haar-Hygrometer.
Weil es also nicht an dem Carbonbogen selber zu liegen scheint, sondern an dem fehlenden Holz der E-Violine, habe ich kein Problem damit, als Zweitbogen für die E-Geige wieder Carbon zu wählen. Diesen bewahre ich allerdings im Koffer meiner akustischen Geige auf, um beide je nach Tagesform wechseln zu können. Damit komme ich sehr gut zurecht.
Ob meine spielerische Qualität ausreicht, um genau dieses Modell im Gegensatz zu anderen Bögen aus Carbon zu beurteilen, kann ich nicht sagen. Wohl eher nicht, auch habe ich bisher noch keine anderen Carbonbögen ausprobiert.