Als Spätumsteiger von der Gitarre hatte ich (Bj. 1959) natürlich den Fretless-Sound von Pino vor Augen und Ohren (nicht Jaco und auch nicht Jack). Mit diesem wundervollen Instrument habe ich ihn endlich gefunden. Der Spieler – auch der Einsteiger - bekommt aufgrund der punktgenauen Intonationsmöglichkeit des aalglatten Griffbretts ein Erfolgserlebnis nach dem anderen und gibt nicht auf, verkauft diesen Bass eben nicht nach 2 – 3 Monaten bei Ebay mit den Worten „mit 'fretless' komme ich nicht klar“.
Die Verarbeitung ist makellos, die Optik schwarz mit „Meeresschildkröte“ (tortoise) traumhaft und ein ständiger Blickfang, Bespielbarkeit und Sound samt Sustainverhalten Oberklasse.
Ich habe mehrere andere Fretless-Bässe zu Hause gehabt, dank Thomann prüfen können und Unterschiede festgestellt, die einer DIN-Norm niemals genügen könnten, wenn es denn eine gäbe. Ich war nur noch verwirrt.
Mit diesem SIRE V7 FL gibt es keinen Frust und keine endlosen Diskussionen, wo denn genau Finger zu positionieren seien. Ganz ohne Fretlines geht es meiner Meinung nach (ohne Ausbildung am Kontrabass) einfach nicht. Und diese Fretlines hat dieser Bass genau da, wo sie hingehören. Damit ist die größte Unsicherheit beim Umstieg vom Tisch, Frust kommt kommt erst gar nicht auf.
Positives:
+ Exzellente Verarbeitung, Optik und Bespielbarkeit
+ „Pino-Sound“ bereits trocken/passiv, amtlich erst mit Chorus vom Amp, weil nicht an Bord
+ Wirklich „einteiliger Ahornhals“, aalglattes Ebenholzgriffbrett mit subtilen Fretlines
+ Qualität der Pickups, Passiv-Option & Soundvielfalt des Preamps
+ Body-Through-Option (für mich ein „Musst-Häfle“, weil am Bauch spürbar und Sustain zum Abwinken ;)
+ Tuner ohne mitdrehende und irgendwann klappernde Kontermuttern, die wieder festgezogen werden müssen
~ Ob die Lackierung des Holzgriffbretts Fluch oder Segen ist, wird sich zeigen; Puristen werden den Lack nicht mögen, die einfache und saubere Intonationsmöglichkeit könnte aber am Lack liegen.
Cons:
- Relativ schwer für einen 4-Saiter (Selbsttest mit Pers.-Waage: 99 kg – 94,8 kg = 4,2 kg)
- E-Saite wird bei der MM-Brücke und Body-Through bedenklich geknickt
- Doppel-Potis drehen zumindest bei Volume & Blende ungewollt synchronversetzt mit
- Batteriedeckel auf der Rückseite (!) aus handgefertigtem „ashwood“ etwas sinnfrei, weil nach wie vor mit 4 (!) Kreuzschlitzschrauben befestigt (irgendwann gibt das Holz in den Bohrungen nach)
- Randmarkierungen (schwarze Punkte) auf der sichtbaren Kante des Griffbretts genau zwischen den Bünden, wo sie m.M. nach definitiv nicht hingehören!
- Originalverpackt mit lustigem Anhänger „Rolled Fretboard Edges“ ;)
PS Ab Werk sind D' Addario ECB81 Chromes aufgezogen und liefern ein klinisch-sauberen, studiomäßigen Pino-Sound. Wer es etwas „holziger“, erdiger und eigenwilliger mag, der sollte die ETB-92 aus dem gleichen Haus versuchen, gewinnt zwar optisch, verliert aber Sustain und Brillanz. Ich habe gerade wieder zurück getauscht.
Update nach einem Jahr:
* Elixir Nanowebs versucht, klangen amtlich gut. Aber selbst die kratzen am Lack. Gerade noch die Kurve gekriegt, man sieht Spuren.
* Hässliche Plastik-Potiknöpfe durch schwarze "HB-metals" ersetzt. Wertigere Optik, Haptik verbessert, Funktionsproblem (Mitdrehen) beim Volume Doppeldecker ist geblieben.
* Saiten jetzt E und A ETB-92 von D'Addario (fester und holziger) D und G La Bella 750N (weicher und dynamischer).
Achtung: La Bellas machen Body-Through ungern mit und sollen öfters gerissen sein. Wegen der "neuen" Brücke geht es bei der E-Saite fast rechtwinklig zu.
* Schwarze Saiten auf fast schwarzem Griffbrett sind eine Herausforderung. Dafür muss man aber nicht mit Augenbinde in den Keller ;)